Die Zukunft von “The Internet of Things” – ein Interview mit Jakub Tomiczek, CTO der Connectpoint, Polen, auf Radio TOK FM

Julia

Radio TOK FM hat Jakub Tomiczek, CTO der Connectpoint, Polen, zur Sendung “Die große Wolke der Veränderungen” (Wielka Chmura Zmian) eingeladen, um mit ihm über das Thema “ The Internet of Things” und die Auswirkungen auf unsere Welt zu sprechen. Ein weitere Gast war Witold Walczak von Huawei. Die erste Frage an Jakub Tomiczek lautete:

Was ist “The Internet of Things”?

“The Internet of Things (IoT) gibt uns die Möglichkeit technische Geräte um zusätzliche Funktionalitäten zu erweitern, zum Beispiel sie  aus der Ferne zu steuern” erklärte Jakub Tomiczek. Der Begriff wird verwendet, wenn drei wesentliche Bedingungen erfüllt sind: 

  • Es ist eine Vorrichtung vorhanden, um mit der materiellen Welt zu interagieren. Das kann ein Knopf sein, den wir drücken können oder ein Sensor, der etwas Physisches misst.
  • Das Gerät ist vernetz. Dabei kann es sich um ein Mobilfunknetz, aber auch um ein anspruchsvolleres Netz wie ein sicheres militärisches Kommunikationsnetz handeln.
  • Das Gerät hat eine erhebliche und skalierbare Rechenleistung. Diese wird benötigt, um die von den Geräten erzeugten Daten in aussagekräftige Informationen umzuwandeln.

Trends beim Einsatz von “The Internet of Things”

Auf die Frage zu Trends und Beispielen zu “The Internet of Things” erklärte Jakub Tomiczek, dass sich Geschäftsmodelle von Geräteherstellern stark verändert haben. Das betrifft sowohl Gegenständen des Alltags als auch Maschinen im industriellen Umfeld. 

Dazu sagte er:”Ein neuer Trend ist die Differenzierung beim Verkauf von Hardware (physische Geräte) und Software. Ein gutes Beispiel hierfür sind Sportgerätehersteller. Heute verkaufen diese nicht nur den Heimtrainer, sondern zusätzlich monatliche Abonnements, die ihre Kunden auf Grundlage der vom Gerät gesammelten Daten mit personalisierten Workouts versorgen. Der Algorithmus des “persönlichen Trainers” analysiert Trainingsparameter und gibt automatisch Empfehlungen für ein Training-Szenario. Bei diesem Geschäftsmodell bleibt der Heimtrainer länger aktuell, weit über die 2-3-jährige Garantie hinaus, da er durch ein neues Trainingsprogramm oder eine neue Software aktualisiert werden kann.

Zusätzlich läßt sich durch dieses Modell eine langfristige Beziehung zum Kunden aufbauen und verschafft dem Hersteller neben den Einnahmen aus dem Geräteverkauf selbst, Einnahmen aus zusätzlichen Funktionen, wie zum Beispiel dem monatlichen Abonnement. Die Connectpoint baut solche IoT-Lösungen zum Beispiel für Hersteller von PV-Anlagen, Wärmepumpen, Klimaanlagen und für alle Arten von Gebäudeinfrastruktur.”

Weiter führte Jakub Tomiczek aus: “Wir entwickeln auch Lösungen für kritische Infrastrukturen in der Industrie und im Energiesektor, die eine sichere, nicht-invasive Echtzeitanalyse von Daten, beispielsweise aus Automatisierungssystemen, ermöglichen. In diesen Branchen werden Lösungen eingesetzt, um die Wartungskosten von kapitalintensiven Anlagen und Produktionsprozessen zu optimieren. Wir nennen das prädiktive Instandhaltung. Mit den Daten der Anlage erstellen wir ein mathematisches Modell dieser Anlage, zum Beispiel einer Windkraftanlage. Wir wissen, wie sich die Anlage unter bestimmten Bedingungen verhalten sollte. Dank der präzisen Daten, die wir erhalten, überwachen wir die tatsächlichen Parameter des Geräts und suchen nach Abweichungen vom Modell. Tritt eine erhebliche Abweichung auf, können wir mit hoher Wahrscheinlichkeit sagen, dass dieses Gerät bald ausfallen wird. So kann sich der Kunde vor den Kosten für unerwartete Ausfälle und den Verlust der Produktion schützen.”

Wie lässt sich die Zukunft durch “the Internet of Things” gestalten?

Auf die Frage, welche Bereiche unseres täglichen Lebens sich durch die Entwicklung des “Internet of Things” am stärksten verändern werden und in welchen Bereichen wir neue Geräte und Dienste sehen werden, antwortete Jakub TomiczeK: “Aus der Sicht der Connectpoint werden Veränderungen im Umgang mit Energie entscheidend sein. Diese Revolution vollzieht sich bereits seit einigen Jahren und wird sich weiter beschleunigen. Wir bewegen uns weg von dem Modell, bei dem ein großes Kraftwerk, das in einem stabilen, vorhersehbaren Umfeld arbeitet für einen großen Teil der Energieerzeugung verantwortlich ist. Bei diesem alten Modell muss der Erzeuger die Stromnachfrage vorhersagen und die Stabilität des Systems gewährleisten.

Das neue Modell beinhaltet eine Vielzahl dezentraler Stromquellen. Gleichzeitig müssen weiterhin die Nachfrage und das Angebot an Energie ausgeglichen werden, um das Netz stabil zu halten. Es gibt immer mehr Variablen. Der Informationsfluss wird immer wichtiger, damit Daten über Erzeugung und Verbrauch in Echtzeit verfügbar sind.

Bei diesem neuen Modell müssen die Erzeuger und Händler das Verbraucherverhalten beeinflussen, um das Netz im Gleichgewicht zu halten. Hier ist “The Internet of Things” von großer Bedeutung. Wir müssen all diese kleinen Anlagen, Zähler und auch Geräte, die diese Energie nutzen, wie Waschmaschinen und intelligente Steckdosen, miteinander verbinden. Die konsequente Analyse ermöglicht es uns, dieses Ökosystem im Gleichgewicht zu halten. Die Connectpoint wird sich in den kommenden Jahren besonders in diesem Bereich engagieren”.

Smart homes – bereits Wirklichkeit oder noch Zukunft?

Zum Thema “die Zukunft intelligenter Gebäude”, mit dem sich seit geraumer Zeit die Medien beschäftigen, wollte der Moderator wissen, ob die Welt bereits vor einem Durchbruch in Bezug auf das Konzept des intelligenten Hauses steht.

“Intelligente Gebäude können sowohl einzelne Häuser als auch ganze Systeme wie Wohnblöcke oder Wohnkomplexe sein. Es gibt schon erste Beispiele. Was uns in der Zukunft erwartet, ist eine Verbindung solcher Systeme. Unser intelligentes Haus wird mit anderen Häusern und sogar mit dem städtischen System zusammenarbeiten. Zum Beispiel wird unsere Müllsammlung dem Müllwagen sagen, dass er kommen muss, oder unser Wasserversorger wird unser Profil kennen und wissen, dass wir ein Leck zu Hause haben. Wir sprechen hier von einer intelligenten Umgebung”. erklärte Jakub Tomiczek.

Smart City – eine Erweiterung von Smart Homes und nachhaltiger Energie

“Wenn Wohnungen und sogar Wohnanlagen intelligent sein und Daten mit Städten austauschen können, welche Zukunft erwartet dann die Städte selbst?” fragte der Moderator Jakub  Tomiczek.

“Beginnen wir mit einer Definition. Meiner Meinung nach ist eine Smart City eine Stadt, die Dank des raschen Zugangs zu Informationen schnell auf Ereignisse reagieren kann und einfach effizient arbeitet. Es wird eine Stadt sein, in der das Leben sehr komfortabel ist.

Eine Stadt, die intelligent sein will, sollte einen umfassenden Ansatz wählen. Eine einzelne isolierte Lösung wie die Überwachung von Straßenbahnen genügt nicht, um eine Stadt intelligent zu machen. Voraussetzung ist, dass die Kommunalverwaltung über eine Kommunikationsinfrastruktur und einen spezifischen Datenverwaltungsstandard verfügt. Weiterhin sollte die Verwaltung diese Infrastruktur nutzen, um verschiedene digitale Dienste für die Bürgerinnen und Bürger aufzubauen. Auch die Einwohner sollten die Initiative ergreifen, um dieses Netzwerk zu unterstützen.

Dieser Ansatz funktioniert bereits an einigen Orten in der Welt. Auch die Europäische Union investiert derzeit in diesen Bereich, indem sie intelligente Wohnviertel und -gebiete schafft. Ich bin an der Entwicklung eines emissionsfreien Viertels beteiligt, in dem Dinge wie der Müllabfuhrdienst automatisiert sind. Das gesamte Viertel wird energieautark sein – es hat seine eigenen Wärmequellen, Kraftwerke verschiedener Art, Energiespeicher, Wärmespeicher und angeschlossene Gebäude, Wohnungen, Ladestationen für Busse und Elektroautos. Es basiert auf einer offenen Infrastruktur – die Bewohner haben Geräte verschiedener Hersteller in ihren Häusern, aber alles ist zu einem System verbunden, das offen für den Anschluss weiterer Geräte ist” kommentierte Jakub Tomiczek.

Wie man eine intelligente Stadt aufbaut

Die Gastgeber und das Publikum interessierten sich weiter dafür, ob in diesem Fall nur neue Städte gemäß der Definition intelligent sein können. Welche Zukunft erwartet die bestehenden Städte?

“Wenn wir eine radikal intelligente Stadt wollen, dann sollte sie von Anfang an entsprechend geplant werden. In der Realität handelt es sich aber dabei nur um Demonstrationsprojekte, um zu zeigen, was die Technologie uns ermöglicht. Es gibt heute bereits viele Lösungen, um bestehende Gebäude so zu modernisieren, damit sie intelligent funktionieren. Als Beispiel möchte ich ein Modernisierungsprojekt aus einer polnischen Stadt anführen, bei der die Wohnungen in großen Plattenbauten aus der kommunistischen Ära zur Wärmedämmung isoliert wurden. Nach der Modernisierung stiegen die Heizkosten, anstatt – wie erwartet – zu sinken. Was war passiert? Die Bewohner öffneten jetzt die Fenster, wenn es Ihnen zu warm wurde, anstatt die Heizkörper herunter zu drehen. Eine Lösung musste her. Deshalb wurde ein Wärmeoptimierungsdienst entwickelt und eingeführt. The Internet of Things ermöglichte es uns, zu erkennen, wann ein Fenster geöffnet ist und die Heizzentrale oder Thermostatköpfe entsprechend mit künstlicher Intelligenz zu steuern. Die Wärmezufuhr konnte so reduziert werden und damit die Heizkosten. Solche Lösungen gibt es bereits fertig und kommerziell verfügbar.

Die IT-Infrastruktur einer Stadt ist ein kritisches Element. Die Stadtverwaltung muss sich sicher sein, dass sie neue Dienste anbieten und neue und alte Gebäude anbinden will. Wir brauchen eine Vision und eine zentrale Planung für das Ökosystem der Stadt. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Stadtverwaltung die Kontrolle verliert und sich von vorübergehenden Trends beeinflussen lässt, die z. B. von Geräteherstellern gefördert werden. Wir brauchen eine Strategie für 10-20 Jahre und eine konsequente Umsetzung der nachfolgenden Dienstleistungen für die Bürger”, antwortete Jakub Tomiczek.

Sie möchten mehr erfahren. Dann finden Sie das gesamte Gespräch in polnischer Sprache auf der TOK FM-Website: https://audycje.tokfm.pl/podcast/113208,Elektronika-uzytkowa-a-nadchodzaca-rewolucja-Jak-internet-rzeczy-zmienia-przedmioty-wokol-nas